Geschichte

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Die Tenshin-Shoden-Katori-Shinto-Ryu wurde um das Jahr 1447 n.Chr. von Iizasa Choisai Ienao (1387-1488) gegründet. Ienao war der Sohn eines bekannten Goshi (Land-Samurai) aus Iizasa, dem heutigen Tako-machi in der Präfektur Chiba.

In seiner Jugend widmete er sich intensiv dem Studium des Ken-jutsu (Schwertfechtens) und des So-jutsu (Speerkampfes). Er entschied alle Duelle für sich, und da er nie besiegt wurde verbreitete sich die Kunde seines Ruhmes rasch im ganzen Land. Besonders unter den Anhängern der Chiba-Familie, seinen Lehnsherren hatte er ein hohes Ansehen als unbezwingbarer Krieger.

Nach dem Untergang des Chiba-Clans, trennte sich Ienao von seiner eigenen Familie um sich aus dem weltlichen Leben zurückzuziehen. Er lebte in Abgeschiedenheit an einem Ort namens Umekiyama in der Nähe des Katori-jingu Okunomiya, dem geheimsten Bezirk des Katori-Schreines, nachdem er zuvor 1000 Koku Reis gespendet hatte und den Shinto-kusan Shimpuku-ji, einen buddhistischen Tempel in Miyamoto-ura, Otsuki, errichtet hatte. Während dieser Zeit gestaltete Ienao sein Leben nach einem streng geregelten Tagesablauf.

Eines Tages geschah es, dass einer seiner Schüler ein Pferd an der Quelle nahe dem Schrein wusch. Kurze Zeit später litt das Pferd unter starken Schmerzen und starb. Ienao war beeindruckt von den weitreichenden göttlichen Kräften Futsu-nushi-no-mikotos, und vermutete eine Verbindung zwischen dem Tod des Pferdes und seiner Person. Man sagt, daß Ienao durch diese Begebenheit spirituelle Einsicht erlangte.

Im Alter von sechzig Jahren verpflichtete sich Ienao über eine Periode von tausend Tagen und Nächten täglich am Katori-Schrein Gebetszeremonien abzuhalten. Während diese Zeit vollzog er umfangreiche Reinigungszeremonien und gab sich einem streng geordneten Kampfkunsttraining hin:

Zur Stunde der Kuh (morgens um 01.30 Uhr) ging er zum Schrein um das Norito-Gebet zu lesen. Damit bat er die Götter um den Frieden in der Welt.

Zur Stunde des Tigers (morgens um 2.30 Uhr) kehrte er zu seiner Hütte zurück um das buddhistische Bishamon-kyo zu rezitieren.

Am frühen Morgen ging er dann wieder zum Schrein und begrüßte die Götter durch mehrmaliges Klatschen der Hände. Danach widmete er sich einem intensiven Kampfkunsttraining.

Eines Tages, so ist es überliefert, erschien ihm der Gott Futsu-nushi-no-mikoto im Traum. Er zeigte sich in Form eines Jungen, der auf dem Ast eines Pflaumenbaumes saß, in dessen Nähe Ienao täglich trainierte.

In diesem Traum übergab die Gottheit Ienao ein Buch namens Mokuroku Heiho no Shinsho. Hierbei handelt es sich um eine Abhandlung über Bugei (Kriegskunst) und Heiho (Kampfstrategie), das von der Legende nach von göttlicher Hand geschrieben wurde.

In dieser Vision wurde Ienao zudem prophezeit, daß er einer der bedeutentsen Schwertmeister unter der Sonne Japans werden würde.

Nach diesem Erlebnis gründete Ienao seine eigene Bujutsu-ryu (Kampfkunst-Tradition) und setzte vor den formalen Namen des Stils die Phrase „Tenshin-Shoden“, was soviel heißt wie: „Unter dem Schutz und durch die göttliche Gnade übermittelt von Futsu-nushi-no-mikoto“ – oder wörtlich übersetzt, „tatsächlich und wirklich vom Himmel beigebracht“.

Im Alter von siebzig Jahren, erreichte Ienao die höchste Ebene technischen Könnens. Er befand sich in einem Zustand, indem sein Geist und Futsu-nushi-no-mikoto Eins wurden. In dieser Zeit trug er mehrere hundert Prinzipien der Heiho zusammen.

Schließlich errichtete er, gegenüber dem Shimpuku-Tempel ein Dojo und begann seine Kunst an viele Schüler weiterzugeben. Meister Iizasa Ienao starb, in dem für seine Zeit sehr hohen Alter, von 102 Jahren. Wie es auch heute noch in Japan z.T. praktiziert wird, bekam er nach seinem Tod einen posthumen, buddhistischen Namen, der lautet: Taiganin-den-taira-no-ason-iga-no-kami-raiodo-hon-dai-koji. Der Name seiner Frau lautet: Kogakuin-den-myoshitsu-seikyo-taishi.

Betrachtet man die enorme Menge geheimer Schriftstücke über Heiho, die immer noch im Hause des Oberhauptes der Iizasa-Familie aufbewahrt werden, so kann man vermuten, daß Ienao ein äußerst schwieriges, intensives und aufreibendes körperliches und spirituelles Training der Kampfkünste betrieben hat.

Wenn man heute einen Stammbaum der japanischen Kenjutsu-ryu (Schwertkunst-Schulen) aufstellt, kann man feststellen, daß die Prophezeiung, die Ienao in seinem Traum erhielt, tatsächlich in Erfüllung gegangen ist. Das Tenshin-Shoden-Katori-Shinto-Ryu erscheint dabei als Wurzel vieler anderer Schwertschulen. Viele berühmte Kenshi (Schwertkämpfer), die später ihre eigene Tradition begründet haben, haben Katori-Shinto gelernt. Und sogar Miyamoto Musashis Name taucht in einer mittelalterlichen Besucherliste auf.

Die Disziplinen

Das Curriculum der Tenshin-Shoden-Katori-Shinto-Ryu

Ken-jutsu

Techniken mit dem Schwert

Iai-jutsu

Techniken das Schwert zu ziehen

Bo-jutsu

Techniken mit dem Langstock

Naginata-jutsu

Techniken mit der Hellebarde

Kodachi-jutsu

Techniken mit dem Kurzschwert

Ryoto-jutsu

Technien mit beiden Schwertern

So-jutsu

Techniken mit dem Speer

Shuriken-jutsu

Techniken mit dem Bo-shuriken

Ju-jutsu (Yawara-ge)

Waffenlose Techniken

Darüber hinaus gibt es noch weitere geheime Disziplinen, die heute nicht mehr oder kaum noch unterrichtet werden. Z.T. handelt es sich dabei um Disziplinen, die im Laufe der Jahrhunderte von einzelnen Lehrern ergänzt wurden und nur begrenzte Bedeutung hatten oder heute nur noch im historischen Rückblick Bedeutung haben.

Ein Grund dafür, daß sich Tenshin-Shoden-Katori-Shinto-Ryu sehr authentisch erhalten konnte ist sicherlich, daß es eine Vielzahl streng geheimer Techniken und Taktiken gibt, die nur direkt vom Lehrer zum weit fortgeschrittenen Schüler weitergegeben wurden und auch heute in der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden.

Ienao selbst nannte seine Schule Tenshin-Shoden-Katori-Shinto-Ryu. Später hat man auch die Bezeichnungen Shinryo-Shinto-Ryu, Katori-Shinto-Ryu und Tenshin-Shoden-Shinto-Ryu benutzt.

Im Jahre 1940 legten schließlich der 19. Soke (Oberhaupt) und seine führenden Anhänger fest, dass der offizielle Name der Kampfkunst wieder Tenshin-Shoden-Katori-Shinto-Ryu sein soll. In alten Dokumenten oder Büchern lassen sich daher manchmal auch die oben genannten anderen Namen finden.

Die Familie Iizasa lebt heute immer noch ungefähr eintausend Meter vom Katori-Schrein entfernt an dem Ort, wo die Familie die Verehrung der buddhistischen Gottheit Marishiten-son (Marichi-Deva) als Kriegs- und Schutzgottheit in einem Heiligtum bewahrt hat. Dort befindet sich auch das Honbu-Dojo.

Als höchste Form des Sieges hat der Begründer Iizasa Choisai Ienao nicht den Sieg durch Kampf, sondern den Sieg ohne Kampf formuliert; so war seinen Schülern nicht nur die Teilnahme an Duellen verboten, sondern er konnte selbst eines natürlichen Todes im Alter von 104 Jahren sterben.

Ein regelmäßiges Training gibt es derzeit im Honbu Dojo selbst nicht mehr. Der derzeitigen Soke Iizasa Yusasada, unterrichtet selbst nicht. In Japan wird das Katori Shinto Ryu offiziell durch zwei Schulen bzw. Dojos repräsentiert, Sugino Dojo in Kawasaki und das Kyoso Shibu in Chiba.

Insbesondere durch Meister Yoshio Sugino, der unter anderem die Choreografie für A. Kurosawa in den “Sieben Samurai” gemacht hat, wurde das Katori Shinto Ryu auch in Europa bekannt.

Im 35. Jahr der Showa-Regierung, im April 1960, ist die Kunst der Katori-Shinto Ryu mit dem Titel eines „unverletzlichen besonderen Kulturgutes“ von der Präfektur Chiba ausgezeichnet worden und ist damit als eine der bedeutendsten Bujutsu-ryu der japanischen Kampfkunsttradition.